Auszüge aus der Rede zur Eröffnung der Ausstellung von Hartung | Trenz in der Kulturkirche Bremerhaven am 31. Oktober 2019.

Wir befinden uns in der Pauluskirche in Bremerhaven, gebaut mit rotem Backstein im neugotischen Stil. 1905 wurde sie erstmals eingeweiht, nach dem Zweiten Weltkrieg musste sie wieder aufgebaut werden. Seit 1953 ist sie der Treffpunkt der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde im Stadtteil Lehe. Es ist ein Arbeiterviertel, in dem viele Kulturen gelebt werden. Lehe gilt als sozialer Brennpunkt, die Arbeitslosigkeit liegt bei 29 Prozent, die Kinderarmut bei 48 Prozent. An einer der Hauptstraßen von Lehe, der Hafenstraße, liegt die Pauluskirche. Sie ist eine der vier Kulturkirchen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers. Seit 2013 entwickeln Pastorin Andrea Schridde und ihr Team hier Kunst- und Kulturprojekte, die sich mit lokalen wie mit weltbewegenden Themen auseinandersetzen. Jetzt haben sie Detlef Hartung und Georg Trenz nach Bremerhaven eingeladen.

Die beiden Künstler kennen sich aus dem Studium in München. Der eine ist in Caracas.ve geboren und lebt heute in Köln, der andere kommt aus München und ist dortgeblieben. Beide haben etwas anderes studiert, bevor sie sich dem Studium der Kunst widmeten, der eine Maschinenbau, der andere Kommunikationsdesign. Vor mehr als dreißig Jahren haben sie sich im Kunststudium kennengelernt, und seit 1998 arbeiten sie regelmäßig zusammen. Gemeinsam haben sie sich auf Architektur-Projektionen spezialisiert und bespielen Außen- und Innenräume. Ein großer Teil ihrer Arbeiten von 2015 bis 2019, etwa 36%, beziehen sich auf Kirchenräume. Über die Einladung in die Pauluskirche nach Bremerhaven haben sich die beiden Künstler sehr gefreut. Es ist ein neuer Ort an einem interessanten Standort und mit einem sehr engagierten Team. Die Art der Zusammenarbeit und die menschliche Qualität des Miteinanders hier in Bremerhaven wird uns allen in guter Erinnerung bleiben.

Als Kuratorin kenne ich Hartung | Trenz seit 2009 und zusammen waren wir in Danzig in Polen, in Halifax in Kanada und in Tunis in Nord-Afrika. Vor zehn Jahren arbeiteten sie noch vollständig analog. Sie entwickelten Installationen, in denen sie mit unzähligen Diaprojektoren arbeiteten; und ich war dabei, als sie die erste ausschließlich, digital animierte Projektion 2012 am Deutschen Eck in Koblenz realisierten. Heute arbeiten sie überwiegend mit digitalen Animationen, aber immer wieder auch _ so wie hier _ mit einem Mix aus analogen und digitalen Projektoren.

Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (8)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (9)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (6)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (5)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (3)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (7)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (1)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (10)
Photos: Hartung | Trenz.

Sie können die Lichtquellen der Projektoren sehen, sie sind die hellsten Punkte im Raum. Sie bündeln und formen das Licht. Hartung | Trenz nutzen Dia- und Daten-Projektoren. Mit der Komposition der verschiedenen Projektionsfelder verändert sich der Raum, die projizierten Bildern modellieren die Sichtbeziehungen neu, es entstehen schwebende Architekturen, die die Konventionen von Sehen und Denken entsichern.

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Photo: Hartung | Trenz.

Hartung | Trenz arbeiten mit projiziertem Text. Das lichte Schriftbild erhellt und zeigt den Raum, aber es verformt sich auch und zerbricht an ihm. Der Text wird neu formatiert. In der künstlerischen Ordnung der projizierten Texte entsteht ein Spiel von Licht und Schatten, helle und dunkle Flächen liegen nebeneinander und übereinander, Liniengebilde erscheinen, Punkte leuchten auf. Es entsteht eine performative Ordnung.

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Photo: Hartung | Trenz.

Das Bildmaterial von Hartung | Trenz ist schwarz-weiß. In der Projektion verteilen sich die Texte über den Raum, legen sich auf Wände, Pfeiler und Gestühl. Auch die Menschen, die sich im Raum bewegen, werden zu Projektionsflächen. Die zweidimensionale Textprojektion zerfällt in Fragmente und Partikel. Und auch da, wo nur noch ein Punkt erscheint, verändert sich etwas. Die Texte verzweigen sich, sie werden zu dem, was das lateinische Wort „textum“ meint, ein dreidimensionales Gewebe. Es entsteht ein künstlerisches Material, das sind in unendlich vielen Arten und Weisen zueinander verhalten kann.

Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (8)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (9)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (6)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (5)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (3)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (7)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (1)
Hartung Tenz. KULTURKIRCHE Bremerhaven 2019. Photo Hartung Trenz (10)
Photos: Hartung | Trenz.

Die Intervention ist aus statischen und dynamischen Bausteinen collagiert. Für beide gilt, dass sie als grafische Kompositionen auf die architektonischen Oberflächen abgestimmt sind. Es handelt sich jedoch nicht um ein sogenanntes „Projection Mapping“, für das zu nächst der analoge Ort digitale nachgezeichnet wird, um dann diese Zeichnung als Interface zwischen der materiellen und virtuellen Situation zu nutzen. Die Arbeitsweise von Hartung | Trenz ist eher einer Bildhauer_in vergleichbar, die eine Plastik aufbaut. Während der Ortstermine in der künstlerischen Recherche wie auch im Atelier entsteht ein Set von Bausteinen, die sie vor Ort solange modellieren bis die Komposition von Raum und Bild ihren Vorstellungen entgegenkommt.

Kulturkirche Bremerhaven-GD zur Eröffnung-Lichtinstallation BRUCH LOS-IV-Foto von Cristobal Bullwinkel
Photo: Cristobal Bullwinkel.

Die Ästhetik der Animation steht in der Tradition des experimentellen Schriftfilms. Seit den 1920 Jahren hat sich der Schriftfilm zu einem eigenen Genre entwickelt, sehenswerte Beispiele stammen von Marc Adrian, Dieter Roth oder Gerhard Rühm. Sie haben wie viele andere mehr mit Schrift und den raum-zeitlichen Möglichkeiten des Films experimentiert. Ihnen ist gemeinsam, dass die Lesbarkeit nicht wesentlich für das künstlerische Konzepts ist.

Ausgangsmaterial der Projektionen von Hartung | Trenz sind zweidimensionale Schriftbilder, die sich vom einzelnen Buchstaben zu Worten zu Sätzen wandeln. In ihrer Vervielfachung entstehen Rasterstrukturen und Pixelsysteme. In der digitalen Animation werden sowohl die typografische Führung jedes Buchstaben wie auch die der typografischen Ordnung dynamisch animiert und bis an die Grenzen optischer Phänomene gedehnt. Die Musterbildung ist denen aus textilen Webvorgängen vergleichbar. Die grafischen Animationen werden ergänzt durch Farbwechsel, die das schwarz-weiße Schriftbild durch partielle Wechsel in verschiedene Graustufen in Bewegung versetzen.

Durch Wechsel in Farbe und Kontrast entsteht ein dreidimensionaler Eindruck, der in mehrschichtige Schriftbildebenen überführt wird. Das Verhältnis der Bildebenen zueinander ist als ein dynamisches angelegt und in ständiger Bewegung, von distanzierenden, offenen Kompositionen zu distanzlosen, geschlossenen. Im Zusammenspiel mit der kontinuierlichen Vergrößerung und Verkleinerungen der Bildbausteine werden typografische und grafische Ensembles generiert, die die Abstraktion einer Linie in Bewegung erreicht. Im Verlauf der Animation werden diese teil-transparenten Ebenen zu eigenständigen Elementen, die sich gegenläufig zu einander bewegen. Die Überlagerung der grafischen Strukturen erzeugen Wahrnehmungsphänomene, die die Textbilder zusätzlich in den Augen der Betrachtenden animieren, z.b. durch den Moiré-Effekt, aus dem Französischen für “marmoriert“. Damit wird eine optische Musterbildung beschrieben, die durch Überlagerung von feinen, regelmäßigen, grafischen Rastern entsteht und marmor-ähnliche Schlieren erzeugt.

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Photo: Hartung | Trenz.

In dem Zusammenspiel von Architektur und Projektion, von Grafik und Animation, von dem Lauf der Lichtbilder und dem Fluss der Wahrnehmung entsteht eine temporäre künstlerische Situation, die als das Original des Kunstwerkes gelesen werden kann. Es entsteht eine symbiotische Beziehung zwischen dem Kirchenraum, dem Projektionsmaterial und der Wahrnehmungssituation.

Die Erkundung der Architektur, der Erschließung im Sehen und Gehen, die Bestimmung der Koordinaten für die Projektoren, die Auswahl der Projektoren und die Entscheidung über das Bildmaterial sind Teil künstlerischer Recherche, die einer ortsbezogenen Intervention vorrausgeht. Anders als bei einer weißen Leinwand oder dem White Cube als Ausstellungsraum, deren Eigenschaften als Bildträger bekannt sind, ist der Ort immer wieder auf Neue die Unbekannte im künstlerischen Schaffen von Hartung | Trenz.

Der architektonische Raum dient Hartung | Trenz als Webrahmen für ihre Intervention. Sie untersuchen die verwendeten Materialien, und sie interessieren sich vor allem dafür wie sich das Erscheinungsbild bei wechselnden Lichtsituationen sich verändert. Sie sondieren die Narrative, die in die Architektur eingebunden sind oder die sich durch Nutzungen eingeschrieben haben, und sie fragen danach, welche Aspekte interessant sind, um sie in der künstlerischen Intervention visuell zu thematisieren. Sie achten auf die Menschen, die einen gebauten Raum mit Leben füllen, und auch die Themenfelder, die sich im Zusammenspiel mit Personen und Begegnungen auftun, können in das künstlerische Geschehen einfließen.

Wie Archäolog_innen gehen sie Spuren nach, legen Schichten frei und entwickeln eine Matrix, die den Rahmen für die künstlerische Intervention bildet. Dies ist die Grundlage für den nahtlosen Übergang aus der Alltagssituation in das künstlerische Bild. Kontext-bezogene Kunst, erklärt der amerikanische Künstler Robert Irwin, ist nicht “ortsbestimmend”, wie eine Henry Moore Statue, die auf einen öffentlichen Platz montiert wird, und auch nicht “ortspezifisch”, wie etwa eine Skulptur von Richard Serra, die auf einen bestimmten Ort ausgerichtet ist. Kontext-bezogene Kunst reagiert auf ihre Umgebung und verändert das Wahrnehmungsszenario: “Wenn man es richtig macht, ergibt es perfekten Sinn und sieht aus, als wäre es schon immer da gewesen.” Das Credo von Robert Irwin ist auch das von Hartung | Trenz.

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Photo: Hartung | Trenz.

“Wir gehen immer von den Raum aus, den wir vorfinden, und wir sprechen mit den Menschen, die mit ihm leben. Dann suchen wir nach Textmaterial, das mit unseren Assoziationen korrespondiert, und dann fangen wir an Verbindungen zu komponieren”, fasst Detlef Hartung den Arbeitsprozess zusammen. Sie kartographieren das Zusammenspiel von Sehen und Lesen. Hartzung | Trenz entwickeln neue Formen der Betrachtung. Sie stellen nicht den Text zur Diskussion steht, sondern das Gespräch, das durch ihn angeregt wird. Es geht buchstäblich um die Wirkkraft der ausgewählten Texte, in diesem Fall im Kontext der Kirchengemeinde, des Kirchenraums und darüber hinaus.

Für die Pauluskirche haben Hartung | Trenz haben Textpassagen aus der Bibel ausgewählt, die den Mensch als soziales Wesen thematisieren. „Vor vier Jahren wurde Deutschland zum Zufluchtsort für Hunderttausende Flüchtlinge. Das schürte viele Ängste, und auch wenn die Zahlen sinken, sind die gesellschaftlichen Herausforderungen, die mit der gegenwärtigen Migrationsbewegung einher gehen groß. Wir haben uns gefragt, welches die Leitsätze sind, mit denen christliche Ethik auf die aktuellen Entwicklungen reagiert.“ _ erklärt Detlef Hartung.

Ausgewählt haben sie die folgenden Texte aus dem Alten und dem Neuen Testament:

(1 Mose 2,18)
Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.
(Roemer 14,7)
Denn unser keiner lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber.
(Jeremia 29,7)
Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.
(Tobit/Tobias 12,9)
Barmherzigkeit errettet vom Tode, und sie reinigt von jeder Sünde. Wer Barmherzigkeit übt, wird mit Leben gesättigt.
(Sir 7,36)
Was du auch tust, bedenke das Ende, so wirst du nicht sündigen in Ewigkeit.
(Matthäus 7,12)
Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch!
(Matthäus 5.14)
Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein.

Alle Texte stammen aus der Lutherbibel. Georg Trenz erläutert: “Es gibt eine Besonderheit der Lutherbibel, die sogenannten Kernstellen. Innerhalb eines Verses wird also noch einmal gewichtet, indem bestimmte Textauszüge fett markiert sind. Das hat bereits Luther schon so gehandhabt. Für unsere Textwahl haben wir ausschließlich diese Kernstellen benutzt. Teilweise auch Auszüge davon.”

Diese Bibelübersetzung aus der althebräischen und der aramäischen Sprache und des Neuen Testaments aus der altgriechischen Sprache in die frühneuhochdeutsche Sprache wurde von Martin Luther unter Mitarbeit weiterer Theologen angefertigt. 1522 war eine erste Auflage des Neuen Testaments fertig, 1534 die lag eine deutsche Vollbibel vor. Zeitlebens hat Martin Luther die Übersetzung als einen offenen Prozess verstanden und immer wieder Teile verändert. 1545 gab es die letzten Korrekturen in der „Biblia Deudsch“ von Martin Luther selbst. Martin Luther nicht der Erste, der die Bibel ins Deutsche übersetzte. Davor waren bereits 18 deutsche Bibelausgaben gedruckt worden. Aber es war seine Übersetzung, die eine ungeheure mediale Wirkung erzielte. Zum Erfolg der Lutherbibel trug bei, dass sie massenhaft gedruckt und erschwinglich wurde. Die Lutherbibel wurde das Bildungsbuch der Schulen in den evangelischen Fürstentümern und Städten bis 1800. Und auch in der Gegenwart: Die Lutherbibel bleibt ein Bestseller. Die zum 500. Reformationsjubiläum erschienene Lutherbibel 2017 wurde bisher mehr als 670.000 Mal verkauft. 250.000 Menschen haben die kostenlose App für Smartphones und Tablets heruntergeladen. Trotz dieser unüberschaubaren Vielfalt an Textgestaltungen gelingt es Hartung | Trenz durch die visuelle Komposition von Architektur, Raum, Text und Wahrnehmung einzigartige Textbilder zu generieren. Sie erzeugen Bildwelten, die gleichermaßen Seh- und Denkprozesse anstossen.

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Photo: Hartung | Trenz.

“Diese Objekte dienen als eine Art Lichtfalle, um andere Vorstellungen von Farbe und Dingen zu provozieren.” , der venezolanische Künstler Carlos Cruz-Diez arbeitete, wie auch Robert Irwin, seit den 1960 Jahren mit dem Schwerpunkt Light and Space / Licht und Raum. Es ist dieser Raum des Möglichen, der auch Hartung | Trenz interessiert. Und ebenso wie Carlos Cruz-Diez interessiert die beiden die Interaktion mit den Besucher_innen: “… der Beitrag der kinetischen Kunst zur universellen Kunst ist die Schaffung eines Zuschauers, der an der Arbeit teilnimmt. Von einer passiven und kontemplativen Haltung wird er in eine aktive und partizipative Haltung geführt.” Diese konzeptionelle Kopplung von Bild und Blick ist Teil der grundlegenden Veränderungen im Kanon der zeitgenössischen Kunst, die durch die künstlerische Auseinandersetzung mit Licht und digitalen Medien im 21. Jahrhundert stattfindet.

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Photo: Hartung | Trenz.

Seit der Ausstellung „The Responsive Eye“ im Museum of Modern Art in New York City.us 1965 mit mehr als 125 Kunstwerken von 75 Künstler_innen aus zehn Ländern, die die Wahrnehmung der Zuschauer_innen als ko-kreativen Prozess thematisierte bis zu Konferenzen wie „Image Beyond Screen“ (de: „Bild ohne Bildschirm“) in diesem Jahr in Lille.fr zu dem Kunstschaffende und transdisziplinäre Kollektive aus aller Welt kamen, um die aktuellen Entwicklungen in dem Zusammenspiel von analoger, digitaler und wahrgenommener Realität kritisch zu reflektieren, zeigt wie grundlegend sich das tradierte Verhältnis zum Bild im 21. Jahrhundert verändert hat. Hartung | Trenz sind Teil dieser Bewegung. Sie haben in den letzten 5 Jahren fast 40 Intervention realisiert, überwiegend in Deutschland, aber in Halifax.ca (2019), in Tunis.tn (2018), London.uk (2017), Eindhoven.nl (2016) oder Adelaide.au (2015). Ihre Arbeiten sind eine Art Rechenschaftsberichte, die ihren Prozess des Sehens, Denkens und Ausdrückens dokumentieren.

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Photo: Hartung | Trenz.

Hartung und Trenz pflegen eine Vorliebe für unsystematisches Lesen auf der Suche nach Möglichkeitsräumen des Sehens und Denkens. Mit einer ihnen eigenen Beharrlichkeit fragen sie nach dem Wie und Wo und Warum von Sprache und Schrift. Sie fragen, ob sich das, was wir sehen, auch anders lesen lässt. In den künstlerischen Fragestellungen von Hartung und Trenz geht es nicht um Überforderung, Täuschung oder Illusion, sondern um die Verlässlichkeit dessen, was wir als Wirklichkeit betrachten. Sie beziehen sich auf die Freundschaft von Kunst und Philosophie, vielleicht in dem gleichen Sinn wie sie der Philosoph Marcus Steinweg beschreibt: „ … ich glaube, es gibt eben etwas Elementares, was Kunst und Philosophie verbindet. Es geht darum, sich in der Orientierungslosigkeit zu orientieren. Das heißt, in unserer überkomplexen Realität mit künstlerischen Mitteln oder eben mit philosophisch-sprachlichen Mitteln.”(!)


Video: Hartung | Trenz

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